Köln zeigt sich wieder einmal weltoffen. Rund um den Alter Markt laufen die Vorbereitungen zum CSD, im Friedenspark wird das Edelweißpiratenfestival vorbereitet und auch die Kölner Lichter werfen ihre Schatten voraus.
An den kommenden Wochenenden ist Köln ein Magnet für Liebende aller Couleur. Sie spazieren Hand in Hand am Rhein entlang, sitzen in den Cafés oder auf einer der vielen Bänke, die in ganz Köln zu finden sind. Und alle tun das gleiche: Sie schauen sich mit tiefen Blicken an, können nicht genug voneinander kriegen und sind glücklich. Überall in Köln – nein nicht überall.
Vor dem Stadtkloster Groß Sankt Martin in unmittelbarer Nähe des Alter Markts sind Liebende auf Parkbänken nicht erwünscht. Eine Dame vertreibt heute Morgen wild gestikulierend und mit erhobenem Zeigefinger ein junges Paar, das auf einer Bank vor dem Stadtkloster Groß Sankt Martin eng umschlungen sitzt. Liebende eben. Auch mit mir will die Dame kein Gespräch führen. Da sie mit einem Geistlichen aus der Kirche kommt, befrage ich den Herrn, warum die jungen Menschen nicht vor Groß Sankt Martin auf der Bank sitzen dürfen. Als Antwort bekomme ich, dass er und seine Glaubensschwestern und -brüder für offene Herzen werben. Dabei befürchte er, dass sein Deutsch nicht so gut sein könnte, dass er mich richtig verstehe. Ansonsten könne er nur sagen, dass er für offene Herzen einstehe und sich nicht weiter dazu äußern möchte.
So wie ich die jungen Liebenden kennengelernt habe, werden sie wahrscheinlich denken, dass die Dame mit dem wilden Zeigefinger das Gefühl der Liebe schon lange nicht mehr erleben durfte. Sie werden sich lachend ihrem Glücksgefühl hingeben, so wie es halt alle jungen Liebenden machen. Weil sie gefeit sind vor dem Negativen. Kann sein, kann aber auch nicht sein.
Mich hinterlässt das Ganze pünktlich zum CSD mit Bauchschmerzen. Mit Bauchschmerzen, weil der Geistliche so Recht hat mit der Absicht „Herzen zu öffnen“. Mit Bauchschmerzen, weil das junge vertriebene Liebespaar vor Groß Sankt Martin erkennbar muslimisch ist. Mit Bauchschmerzen, weil ich befürchte, dass Herzen aus Stein sich nicht für Mitmenschen öffnen lassen, die nicht in ihre Weltanschauung passen …
Wie sagte Jürgen Becker so trefflich. Köln ist so Weltoffen, da gibt es für jede Gruppe ein eigenes Viertel