WARUM JÄGER SO GERNE TÖTEN

Intimate moment between mother roe deer, capreolus capreolus, doe and fawn touching with noses and standing close together on a meadow, iStock

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Leserinnen, liebe Leser, hier ein Gastbeitrag von Wildlife-Fotograf Mirko Fuchs.

Warum Jäger so gerne töten – der reale Sachverhalt!

Ihre Beliebtheitswerte sind desaströs. Die Wirklichkeit wird immer so geschildert, als befände sie sich in ihrer Hand. Doch wo liegen die eigentlichen Gründe für ihr Handeln, zu töten. Jäger, die Herren über Leben und Tod.

Der Regelfall zeigt einen unauffälligen, „normal“ lebenden, sogar u.U. zurückhaltenden, angepassten Nachbarn. Man kann ihm nicht ansehen, wozu er in der Lage ist. Die Unauffälligkeit ist auch nicht beabsichtigt. Er lebt wie er ist. Das was er im Geheimen tut ist etwas Abgespaltenes. Darin kommen Aspekte und Konflikte der Persönlichkeit, Probleme und Lustphantasien zum Ausdruck, die im Alltagsleben verschlossen sind.

In jedem Gewaltakt manifestiert sich etwas, was in der Persönlichkeit schon vorhanden ist, aber im Alltag keinen Platz hat. Töten hat u.U. eine Machtkomponente und die Jagd ist die Bühne, auf der auch Macht ausgelebt wird. Tiere sind dabei Opfer, die leicht verfügbar sind. Oft spielt die Tierart nur untergeordnet eine Rolle. Wild, Haustiere, „Nutztiere“.
In ihren Taten erscheinen sie stark.

Bedürfnis nach innerer Macht und spürbarer Dominanz

Man kann im Destruktiven Außergewöhnliches tun. In anderen Bereichen des Lebens können sich fortgeschrittene Jäger unwohl fühlen, oft selbstunsicher und überfordert. Dieser Jäger ist im Grunde das Zerrbild von einem „starken Menschen“. Häufig sind Persönlichkeitsstörungen mit hohem Bedürfnis nach innerer Macht und spürbarer Dominanz. In persönlichen Konfliktsituationen, auch bei Anspannung und Stress, holt er die Tötungsphantasien hervor, verspürt durch Lust den Belohnungsreiz, den er sich aus seinen Taten zusammengesetzt hat. Das dient der Selbstberuhigung und Selbstwertstabilisierung.

Und dann zieht er wieder los. Er beschäftigt sich mit dem Reiz, das Tier im Visier zu haben. Er kann es töten, er erlebt Vorfreude aber auch das Suchen nach Gelegenheit. Wenn ein „nur“ angeschossenes Tier flüchtet, kann das im Jäger eine unglaubliche Wut erzeugen, eine Enttäuschung, denn das Ausleben des Tötens ist ein fester Bestandteil dessen Phantasie. Unbedingt muss er es gleich noch einmal probieren. Die Wiederholungswahrscheinlichkeit ergibt sich im allgemeinen zu diesem Muster, denn Wirklichkeit und Phantasie müssen zur Deckung gebracht werden und die Opfer will man ja ausstellen.

Seine Trophäen haben Souvenirbedeutung

Oft sind bei Tötungshandlungen die Phantasien ausgefeilt, gelegentlich ergeben sich innere Hemm-Mechanismen bis hin zur direkten Psychosomatik. Dann muss er sich beruhigen. Nichtjäger gucken schließlich auch blutrünstige Horrorfilme. Also verbleibt Jagen für ihn eine naturverbundene, traditionsreiche Freizeitvariante. Hemmung stört ihn dann nicht mehr. Den Persönlichkeitsgestörten stört es nicht, dass er persönlichkeitsgestört ist. Er ist mit sich im Reinen und denkt, die anderen seien eigentlich die Gestörten. Die Störung stört aber die anderen und nicht diesen Jäger selbst. Er schaut sich Jägervideos an und fühlt Befriedigung. Er geht wieder los. Es weitet sich aus. Es wird immer reizvoller und nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Er ist sich klar, dass er es tun muss. Seine Trophäen haben Souvenirbedeutung.

Und das Leben nebenher. Der Alltag, die Arbeit, sich abmühen; das alles ist oft Fassade. Die Welt, die man am Tag sieht, will er die wirklich oder will er seine Phantasiewelt. Diese ist hochgradig egoman, antisozial und eine Art Freiraum. Im Auto zum Jagen fahren, angekommen Ausschau halten, das ist der Trill, die Insel der devianten Glückseligkeit in einem Meer von Konformität.

Zuhause ggf. mit Frau, Kindern oder beim Arbeiten, das ist Zwang, die Belastung, das was er nicht will, aber von sich verlangt. Die anstrengende Parallelwelt. Dort ist nicht sein Wille, seine Umgebung, seine Opfer, die Objekte, die Lustobjekte.

Tötungsphantasie bleibt zeitlebens

Biogen kann das heutige jägerische Handeln als Wechselwirkung von genetischer Prädisposition, frühkindlicher Beziehungserfahrung und Erziehungseinflüssen begründet werden. Jagdausübende sind überwiegend Männer. Im männlichen Gehirn sind die neuronalen Strukturen die für Aggression zuständig sind, enger mit Lust verknüpft, was evolutionsbedingt ist.

Um vom Jagen loszukommen, muss der Betroffene eine Motivation entwickeln, die ggf. „angenehmen“ Tötungsgedanken steuern zu wollen. Dann muss er wie ein Suchtkranker entscheiden: Tue ich’s oder tue ich’s nicht. Es ist das Üben einer dauerhaften Abstinenz bei einem stabilen Bedürfnis. Das Leitmotiv einer entstandenen Tötungsphantasie bleibt zeitlebens, es ist nicht mehr reduzierbar. Ungebremst kann ein sich ausdehnendes Universum von Gewalt entstehen, das eine absolute Autonomie entwickelt und eine solch bestimmende Wirklichkeit, der nichts entgegenzusetzen ist.

Töten ist dann im neuralen Sinne die exklusivste Lebenserfahrung. Er tut was, was andere nicht tun. Er weiß etwas, was andere nicht wissen. Er schaut hinter einen Vorhang, hinter den andere nicht schauen werden.

2 Kommentare zu WARUM JÄGER SO GERNE TÖTEN

  1. Das ist ein guter Aufsatz. Herr Fuchs bringt es auf den Punkt. Bleibt die Frage ob Jäger überdurchschnittlich mit Häuslicher Gewalt und sexualisierter Gewalt auffallen.

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