Das Verhalten von Hunden an der Leine ist hier und da echt wild. Da wird bei Begegnungen mit anderen Hunden gekläfft und an der Leine gezogen bis hin zu Scheinangriffen. Warum machen Hunde das? Erstmal ist ja offensichtlich, dass Hunde sich an der Leine daneben benehmen, weil sie es können oder weil es nicht richtig unterbunden wird.
Schauen wir auf eine Zahl: 60 % des Verhaltens von Hunden wird von der Umwelt vorgegeben. Dazu gehören Erfahrungen mit anderen Hunden und mit Menschen – insbesondere mit dem geliebten Leitmenschen, der einem Hund ein Zuhause, Nahrung und Sicherheit bietet.
Versetzen wir uns kurz in einen Leinenrowdy: Für ihn ist die Leine der verlängerte Arm seines Leitmenschen. Sie gibt ihm Sicherheit. Das heißt auch, dass der vierbeinige Rowdy bei seinen Attacken sehr wohl weiß, dass sein Leitmensch ihn mit der Leine aus dem Regulierungsbereich des anderen Hundes heraushält. Deshalb weiß er auch sehr genau, dass sein Verhalten durch den anderen Hund unreguliert und für ihn ohne Verletzungen bleiben wird.
Du magst keine großen schwarzen Hunde
Nicht selten wird der Rowdy durch seine Leitmenschen in seinem Verhalten bestätigt. Bedauernd oder verständnisvoll ausgesprochene Sätze wie: „Hast du Angst vor dem Hund?“ oder „Du magst keine großen schwarze Hunde …“ usw. kommt beim Rowdy nur als Bestätigung seines Verhaltens an. Frei nach dem Motto: „Oh, mein Leitmensch säuselt lieb zu mir, dann ist ja alles richtig, was ich mache. Dann mal weiter so, Herrchen und Frauchen sind ja begeistert.“
Oder der Leitmensch schimpft mit seinem Rowdy und textet seinen 4-Beiner mal mehr mal weniger laut und erregt zu. Allerdings ohne große Wirkung, weil unsere Hunde keine Menschensprache sprechen.
Jetzt beginnt der Teufelskreis
Und dann gibt es noch die Wechselwirkung zwischen Menschen und Hunden. Was das bedeutet? Startet man als Leitmensch den Gassigang bereits mit ungutem Gefühl und Bedenken – à la: Oh nein, hoffentlich begegnen wir jetzt nicht wieder einem Hund und mein Liebling wird zum wilden Rowdy…– kann man mit fast hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass man mit seinem Hund in die gefürchtete Situation gerät. Warum? Der Hund ist ein guter Beobachter und nimmt den Erregungszustand seines Leitmenschen wahr und übernimmt diesen. Der Leitmensch wiederum sieht die Verhaltensänderung seines Hundes und der eigene Erregungszustand verstärkt sich. Jetzt beginnt der Teufelskreis. Wie ein Ping-Pong-Spiel schaukeln sich Hund und Leitmensch gegenseitig hoch, bis der Hund in eine Alarmhaltung gerät. Kommt jetzt ein anderer Hund ins Spiel, legt der Leinenrowdy richtig los.
Die Situation verändert sich
Was können wir Leitmenschen tun, um diese Situation zu verändern? Eins sollte klar sein, ausweichen und/oder ablenken kann die Situation nur scheinbar beruhigen, aber nicht nachhaltig verändern.
Um eine nachhaltige Veränderung zu erzielen, müssen wir unseren Hund gewaltfrei und ohne viel Text, aber in unserem Handeln klar und unmittelbar (maximal 3 Sekunden nach dem Auftreten des unerwünschten Verhaltens), in seinem Rowdyverhalten regulieren. Und das jedes Mal ohne Ausnahme.
Wie’s geht? Stell dich zwischen deinen und den anderen Hund. Nimm eine angespannte Körperhaltung ein. Berühre deinen Hund mit deiner Hand an der Brustvorderseite oder an der seitlichen Gesäßmuskulatur und schiebe ihn druckvoll weg. Dabei darf es natürlich nicht zu einem schlagenden Verhalten kommen. Größe, Gewicht und Alter des Hundes geben die Stärke des Druckes vor. So darf ein großer, gesunder Hund gerne einen halben Meter weggeschoben werden. Nach dem Wegschieben richtest du dich sofort auf und drängst deinen Hund mit deinen Beinen – ohne zu treten – vom anderen Hund weg. In dieser Situation beobachtest du deinen Liebling. Wenn er züngelt, gähnt, sich schüttelt oder – wenn es ein Rüde ist – seinen Penis ausfährt, kannst du dein regulierendes Verhalten einstellen. Dein Hund signalisiert dir damit, dass die Regulierung bei ihm angekommen ist. Nun wirst du wieder neutral in deinem Verhalten deinem Hund gegenüber und gehst normal und entspannt weiter.
Kein Hund möchte einen dauerhaften Konflikt mit seinem Menschen eingehen. Darum wird dein Hund, sobald er sein Rowdyverhalten mit deiner Regulierung verknüpft, sein Verhalten verändern. Womöglich am Anfang nur zögerlich, denn insbesondere Hunde, die schon länger als Leinenrowdys unterwegs sind und dieses unerwünschte Verhalten tief verinnerlicht oder ritualisiert haben, brauchen etwas mehr Zeit zur Verhaltensveränderung.
Ein geringe Anzahl von Hunden ist für solch eine Regulierung nicht empfänglich. Meist sind es die Hunde, die andere Hunde auch ohne Leine verletzend attackieren wollen. Oder Hunde, die auch in anderen Lebensbereichen unerwünschte und problematische Verhaltensweisen zeigen. Diese Hunde und ihre Leitmenschen brauchen – zumindest am Anfang – eine engmaschige professionelle Unterstützung.
Ihr braucht Unterstützung? Schreibt uns gern an. Dann werden wir euch gute und gewaltfrei arbeitende Hundeprofis in eurer Nähe empfehlen.
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